COP29 erzielte endlich einen Durchbruch zu internationalen CO2 Märkten. Die beschlossenen Regeln für CO2 Gutschriften könnten auch relevant für die Anrechnung bereits gezahlter CO2 Preise im EU Grenzausgleich werden. Auch wenn die CBAM-Anerkennung schwierig erscheint, ist die endgültige Bedeutung von Artikel 6 abzuwarten.
Durchbruch zu internationalen CO2 Märkten
Baku steht für den Durchbruch zu internationalen CO2 Märkten. Auf der 29. Konferenz der Vertragsparteien (COP29) der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) wurde endlich eine Einigung erzielt.
So stehen nun nach 9 Jahren Verhandlung die Regeln zum Handel und zur Anerkennung von CO2 Gutschriften unter Artikel 6 des Paris Abkommens von 2015. Zuletzt wurde auf der COP28 vor einem Jahr noch eine Entscheidung vertagt.
Internationale CO2 Märkte sollen zusätzliche Finanzmittel für die Dekarbonisierung vor allem in Entwicklungsländern aufbringen. Damit spielen sie auch eine Rolle in der Mobilisierung der USD 1,3 Bn bis 2035, die dann jährlich für Klimaschutz und Anpassung benötigt werden.
Länder im globalen Süden können durch Klima-Projekte CO2 Gutschriften generieren. Diese können dann durch andere Länder oder Unternehmen erworben werden.
Die Regeln dafür können auch im EU Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) relevant werden. Denn auf die CO2-basierten Importabgaben sind bereits gezahlte CO2 Preise anrechenbar.
Internationale CO2 Märkte nach Artikel 6
CO2 Gutschriften können innerhalb von staatlichen Märkten oder auch international gehandelt werden. Artikel 6 soll nun sowohl Regeln für die internationale Zertifizierung (Artikel 6.4) als auch den zwischenstaatlichen Handel (Artikel 6.2) schaffen.
Internationaler Zertifizierungsrahmen nach Artikel 6.4
Artikel 6.4 schafft einen internationalen Zertifizierungsrahmen für hochwertige Emissionsreduktionen (6.4ER). Darüber kann ein Unternehmen (in einem Land), Emissionseinsparungen oder CO2 Entnahmen zertifizieren und an ein anderes Unternehmen (in einem anderen Land) verkaufen.
Schon am ersten Tag der COP29 Verhandlungen wurde eine Einigung zu den Standards für den sogenannten Paris Agreement Crediting Mechanism (PACM) erreicht. Dafür wurden die Anforderungen an die Entwicklung und Bewertung von Methoden sowie für CO2 Entnahme Aktivitäten verabschiedet.
Ein Supervisory Body ist nun für die Ausarbeitung und Bewilligung der unterschiedlichen Zertifizierungs-Methoden zuständig. Das wurden im Arbeitsplan für 2025 festgehalten. Erst dann können die ersten A6.4ER zertifiziert und gehandelt werden. Bisher wurden schon über 700 Projekte dafür beim UNFCCC angezeigt.
Zwischenstaatlicher Handel nach Artikel 6.2
Artikel 6.2 erlaubt eine freiwillige Zusammenarbeit zwischen Ländern über Internationally Transferred Mitigation Outcomes (ITMOs). Darüber sollen CO2 Gutschriften, die in einem Land generiert werden, an ein anderes Land übertragen werden können, das diese für seine Klimaziele anrechnet.
COP29 erreichte nun eine Einigung zur Genehmigung und Widerruf dieser CO2 Gutschriften. Auch die Einrichtung eines internationalen Registers wurde vereinbart. Dieses soll nicht als zentrales Register sondern als eine Datenaustausch-Plattform agieren.
Auch wenn einige Details noch ausgearbeitet werden müssen, kann die Umsetzung nun beginnen. Schon jetzt bestehen 91 Vereinbarungen oder MoU zwischen mehr als 50 Ländern.
Anerkennung von CO2 Gutschriften in CBAM
Gemäß der CBAM-Verordnung 2023/956 können CO2 Preise, die bereits in einem Drittland gezahlt wurden, auf die benötigten CBAM-Zertifikate angerechnet werden. Daraus ergibt sich ein größerer Auslegungsspielraum, welche CO2 Preisinstrumente die CBAM-Kosten senken können.
Konkret definiert die Verordnung 2 Kriterien:
- Nur tatsächliche Zahlungen für CO2 Preise im Ursprungsland sind anrechenbar (§9);
- Als CO2 Preis gilt u.a. „ein Geldbetrag, der in einem Drittland im Rahmen eines Systems zur Reduzierung von CO2-Emissionen in Form einer Steuer, Abgabe oder Gebühr oder in Form von Emissionsrechten im Rahmen eines Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten gezahlt wird, berechnet auf der Grundlage von Treibhausgasen, die unter eine solche Maßnahme fallen und während der Warenherstellung freigesetzt werden“ (§3).
Nach i. wären 6.4ER oder ITMOs aus Artikel 6 für CBAM relevant, wenn ein Hersteller von CBAM-Waren solche CO2 Gutschriften erwirbt. Die Ausgaben dafür würden dann eine tatsächliche Zahlung im Ursprungsland darstellen.
Jedoch stellen diese CO2 Gutschriften keine der in ii. genannten Formen dar. Auch sind dieses nicht mit Emissionen aus der Warenherstellung verbunden.
So erfolgt die Zertifizierung dieser CO2 Gutschriften Projekt-basiert, während CBAM-Abgaben anhand von produkt-basierten Emissionsintensitäten berechnet werden. Das dürfte deren Anrechnung verkomplizieren.
Auch spricht gegen deren Anerkennung, dass der EU-Emissionshandel (ETS) als Grundlage für CBAM eine Verwendung von CO2 Gutschriften derzeit nicht zulässt.
Während diese Auslegung für 6.4ER relevant erscheint, wird diese Argumentation bei ITMOs komplizierter. Falls diese zwischenstaatlichen CO2 Gutschriften nicht anerkannt werden, könnte dies weitere Bedenken einer Ungleichbehandlung bei Entwicklungs- und Schwellenländern auslösen.
ITMOs können zum Beispiel von einem EU-Land für die Dekarbonisierung der Herstellung von CBAM-Waren in einem Nicht-EU Ursprungsland erworben werden. Sie wirken dann auf die CBAM-Kosten, indem sie:
- Emissionsintensitäten reduzieren, für die CBAM-Zertifikate zu erwerben sind;
- Zusätzlich die CBAM-Zahllast senken, falls ITMOs auf die CBAM-Zertifikate anrechenbar wären.
Zudem ist unter Artikel 6.2 auch eine Verknüpfung von Emissionshandelssystemen möglich. Der EU-ETS ist bereits mit dem schweizerischen ETS verknüpft. So sind Importe aus der Schweiz von CBAM ausgenommen. Auch anderen Ländern könnten eine solche Verknüpfung anstreben, um den Handel mit der EU zu vereinfachen.
CO2 Märkte im Blick behalten
Noch ist die volle Bedeutung der Artikel 6 Beschlüsse für die CBAM-Umsetzung der Unternehmen nicht voll absehbar. Detaillierte Analysen der Implikationen werden erst in den nächsten Monaten möglich sein, wenn weitere rechtliche und technische Auslegungen vorliegen.
Das hängt auch von der Ausgestaltung der CBAM-Durchführungsverordnung zur Anerkennung von CO2 Preisen ab. Diese ist allerdings erst für Q4 2025 angekündigt.
Bis dahin empfehlen wir:
- Die weiteren Auslegungen zu Artikel 6 und vor allem zur Anrechenbarkeit von CO2 Preisen in CBAM zu beobachten;
- Vorhandene bzw. geplante CO2 Bepreisung in den Herkunftsländern von CBAM-Waren zu identifizieren;
- Belege von bereits gezahlten CO2 Preisen von Lieferanten aus diesen Herkunftsländern zum Aufbau der Datenbasis zu erfassen;
- Möglichen CO2 Preis Abzüge von den CBAM-Abgaben zu berechnen, um die CBAM-Kosten besser einzuschätzen.
Eine Studie der EU-Kommission zur CO2 Preisen in Drittländern läuft. Ergebnisse daraus könnte bereits vor der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung weitere Aufschlüsse liefern.
Quellen und weiterführende Informationen:
- A6IP, GGGI, iC, UNDP, VCMI und Weltbank Gruppe: CO2 Märkte navigieren
- ICA: Artikel 6 Regeln für die Verbindung von Emissionshandelssystemen
- Weltbank: Status und Trends Internationaler CO2 Märkte 2024
Foto von Matthew TenBruggencate auf Unsplash