Der CO2 Grenzausgleich der EU stand zwar nicht auf der Agenda der COP29. Er überschatte jedoch die Verhandlungen. CO2 Grenzausgleiche wie auch CO2 Zölle und CO2 Standards benachteiligen Länder, die nicht emissionsarm produzieren können. So sind klima- und handelspolitische Maßnahmen zunehmend miteinander verbunden.
CBAM nicht auf der COP29 Agenda
Die Verhandlungen auf der internationalen Klimakonferenz in Baku gestalteten sich schwierig. Ein globales Finanzierungsziel stand im Mittelpunkt der 29. Konferenz der Vertragsparteien (COP29) der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC).
Nicht nur die abschließende Einigung dazu wurden von vielen als ungenügend kritisiert. Demnach sollen Industrieländer bis 2035 jährlich USD 300 Mrd. für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern aufbringen.
Auch der EU Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) sorgte für Aufregung. Schon zu Beginn hatte China mit Brasilien, Indien und Südafrika darauf gedrängt, klima-bedingte Handelsrestriktionen auf die COP29 Tagesordnung zu nehmen. Das wurde auch von den G77 unterstützt.
Damit war vor allem der EU CBAM gemeint. Entwicklungs- und Schwellenländer sehen in der CO2-basierten Importabgabe einen Vorwand der EU, um die eigene Industrie gegen Produkte aus dem globalen Süden abzuschotten. Vor allem Länder mit hoher EU-Export und CO2-Intensität sind von CBAM betroffen.
Mit CBAM zielt die EU auf die Gleichbehandlung in den CO2 Kosten von importierten Waren mit denen von in der EU produzierten Produkten. In der EU steigt der CO2 Preis über das Auslaufen der kostenlosen Emissionsrechte im EU-Emissionshandelssystem und damit das Carbon Leakage Risiko.
EU-Verhandler hatten auch auf die Welthandelsorganisation (WTO) als Forum für Handelsthemen verwiesen. So stand CBAM letztendlich nicht auf der finalen Tagesordnung.
Trotz dessen war CBAM in den Verhandlungen präsent. Denn mit CBAM steigt der Druck zur Dekarbonisierung in Entwicklungs- und Schwellenländern, um nicht den Zugang zu EU-Märkten zu verlieren. Der dafür notwendige Investitionsbedarf war auch Gegenstand in den Diskussionen zum globalen Finanzierungsziel.
CO2-basierte Handelsrestriktionen
Unterschiedliche Instrumente zum Klimaschutz sind in der Diskussion, die auf Handelsströme wirken. CO2 Preise, CO2 Zölle und CO2 Standards unterschieden sich in ihrer Ausgestaltung, benachteiligen aber Länder, die nicht emissionsarm produzieren können.
CO2 Preise und Grenzausgleiche
Es gibt eine Vielzahl von Instrumenten zur CO2 Bepreisung. Direkte Preise werden über CO2 Steuern oder Emissionsrechte erhoben. Eine indirekte Bepreisung kann über Verbrauchs- und Mehrwertsteuern oder Subventionen (als negativer CO2 Preis) für Kraftstoffe und Strom erfolgen.
In einem jüngsten Bericht der OECD werden 79 Länder gezählt, die eine direkte oder indirekte CO2 Bepreisung anwenden und damit 42% der globalen Emissionen abdecken. In vielen Ländern werden unterschiedliche Instrumente zur Erfassung verschiedener Emissionen geführt.
Mit der wachsenden Anzahl an unterschiedlichen CO2 Bepreisungsinstrumenten droht eine Fragmentierung der CO2 Märkte. So werden Emissionen in verschieden Ländern und Sektoren nicht nur unterschiedlich gemessen sondern auch bepreist. Das verkompliziert internationale Handelsgeschäfte.
Dies wird durch die Entstehung weiterer CO2 Grenzausgleichsmechanismen verschärft. Nach der EU hat im Oktober auch Großbritannien die CBAM Einführung für 2027 mit ersten Umsetzungsdetails bestätigt.
Auch in Kanada sind Prüfungen abgeschlossen. Und Australien legte Anfang November Ergebnisse eines Carbon Leakage Reviews vor. Diese sollen bis zum Ende des Jahres in konkrete Handlungsempfehlungen für einen Grenzausgleich eingehen.
Möglichkeiten für eine verbesserte Koordinierung der CO2 Bepreisung hatte jüngst eine Joint Task Force mit Experten aus WTO, IMF, OECD, UNCTAD und Weltbank ausgelotet. Darin wurde u.a. auch die Harmonisierung von Emissionsberechnungen, Standardwerten und Benchmarks hervorgehoben.
Kurz vor COP 29 hatte die Internationale Handelskammer (ICC) Prinzipen für die Gestaltung von CO2 Grenzausgleichen vorgeschlagen. Darin wird u.a. die Verwendung von internationalen CO2 Bilanzierungsansätzen genannt. Diese sollen negative Auswirkungen auf Unternehmen und internationalen Handel minimieren.
CO2 Zölle auf emissions-intensive Waren
Viele Beobachter argumentieren, dass CBAM einen Zoll darstellt. Streng genommen gibt es Unterschiede. Grenzausgleiche sorgen dafür, dass die CO2 Kosten angeglichen werden. Ein Zoll auf emissions-intensive Waren dagegen würden eine einheitliche Abgabe erheben ohne CO2-Kostenunterschiede zu berücksichtigen.
Ein solcher Zoll setzt nicht voraus, das ein eigener CO2 Preis vorliegt. Aktuell sind solche Instrumente nicht verbreitet, da diese Zölle kaum WTO-konform wären.
Es wird jedoch spekuliert, dass eine zweite Trump Amtszeit einen solchen Zoll hervorbringen könnte. Die amerikanische Industrie profitiert im globalen Vergleich bei vielen Waren von einer geringeren CO2 Intensität. So könnte dieses ein Vorwand für ein neues Zollinstrument sein.
Sowohl bei Republikanern und auch Demokraten gibt es Befürworter solcher Instrumente – wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Es liegen bereits unterschiedliche Vorschläge im Kongress vor, wie der Foreign Pollution Fee Act und der Clean Competition Act.
Schon in dem Global Arrangement on Sustainable Steel and Aluminium (GSA) hatte die USA ein gemeinsames Zoll-System mit der EU propagiert. Diese sollten nach Emissions-Benchmarks gestaffelt werden. Die Verhandlungen waren jedoch ins Stocken geraten. Es bestand Uneinigkeit über das Zusammenspiel mit CBAM.
CO2 Standards für emissionsarme Waren
Alternativ können auch Standards für die CO2 Intensität von Waren gesetzt werden. Darüber könnten Märkte Waren bevorzugen, deren CO2 Fußabdruck unter bestimmten Emissions-Benchmarks liegt. Jedoch existieren bisher kaum einheitliche Standards.
Der Klimaclub aus 44 Ländern arbeitet als staatliches Forum zur Dekarbonisierung der Industrie derweil an einer Harmonisierung von CO2 Standards. Auf dem COP29 bestätigten seine Mitglieder die IEA Grundsätze für emissionsarmen Stahl und -Zement als Grundlage dafür.
Über eine Global Matchmaking Plattform (GMP) sollen technische und finanzielle Unterstützung für Entwicklung- und Schwellenländer koordiniert werden. Der Klimaclub war ursprünglich von der G7 initiiert wurden, auch um in diesen Ländern die CO2 Bepreisung voranzubringen.
CBAM im klima- und handelspolitischen Diskurs
Die COP29 Verhandlungen haben gezeigt, dass auch auf globaler Bühne klima- und handelspolitische Maßnahmen zunehmend schwerer voneinander zu trennen sind. So wird nun geprüft, solche Themen im Rahmen eines UN-Komitees und auch im nächsten COP30 in Belem zu behandeln.
Die Verwendung von CBAM-Einnahmen für das USD 300 Mrd. Ziel könnte dabei zu einem Streitpunkt werden. Durch die CO2-basierten Abgabe generiert CBAM Einnahmen, die in das EU-Budget übergehen.
Daraus könnten dann auch Dekarbonisierungsmaßnahmen in von CBAM betroffenen Ländern finanziert werden, wie u.a. vom ERCST in einem Bericht argumentiert. Das wurde zuletzt auch in einem offenen Brief von führenden Experten europäischer Institutionen gefordert.
Die EU hatte in einem im Mai 2024 veröffentlichten Dokument klargestellt, dass CBAM-Einnahmen dafür nicht vorbestimmt wären. Akteure in Entwicklungsländern sollen aber technisch unterstützt werden. Eine Bewertung der CBAM-Auswirkungen auf diese Länder soll bis Ende 2025 vorgelegt werden.
Ob das den Entwicklungs- und Schwellenländern genügt, bleibt abzuwarten. Mit den nahenden CBAM-Abgaben ab 2026 könnten die kritischen Stimmen – auch gegenüber der WTO – lauter werden. CBAM dürfte damit weiter für Aufsehen nicht nur in der EU sorgen.
Quellen und weiterführende Informationen:
- ICC: Globale Prinzipen für Effektive CO2 Grenzausgleiche
- ERCST: Verwendung von CBAM Einnahmen
- OECD: Bepreisung von Treibhausgasemissionen 2024
- Weltbank: CBAM Exposure Index
- WTO, IMF, OECD, UNCTAD und Weltbank: CO2 Bepreisung und globale Klimaziele
Foto von Matthew TenBruggencate auf Unsplash