Ab 2027 fallen auch Importe emissions-intensiver Waren in das Vereinigte Königreich unter einen CO2 Grenzausgleich. Am 24. April wurden Entwürfe für die ersten Rechtsvorschriften dazu vorgelegt. Auch wenn der Mechanismus dem EU CBAM ähnelt, ergeben sich Unterschiede in der Ausgestaltung einiger Umsetzungsaspekte.
UK CBAM startet in 2027
Die Einführung eines CO2 Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) im Vereinigten Königreich (UK) nimmt Formen an. Wie sein EU-Vorgänger soll der UK CBAM über einen CO2 Preis auf Einfuhren emissions-intensiver Waren das Risiko einer CO2 Verlagerung ins Ausland mindern.
Dieses ergibt sich aus der CO2 Bepreisung. Heimische Produzenten müssen im UK Emissionshandelssystem (ETS) Emissionsrechte kaufen. Preise für diese lagen im April im Primärmarkt bei GBP 43-46 (EUR 52-54) pro Tonne CO2. Zudem erhebt der Carbon Price Support (CPS) eine Steuer auf fossile Energie von GBP 18 /t CO2.
Das UK ETS war nach dem Brexit aus dem EU ETS hervorgegangen und ähnelt diesem in seiner Funktionsweise und Methoden. So wird ein Teil der Emissionsrechte kostenlos vergeben. Anfangs waren die dafür genutzten Benchmarks und Carbon Leakage Faktoren die gleichen wie im EU ETS.
Als Kerninstrument zur Erreichung von Netto-Null Emissionen in 2050 wird das UK ETS nun verschärft. Dazu wird die Anzahl der Emissionsrechte reduziert und auch die freie Zuteilung überarbeitet. Die neuen Zuteilungsregeln sollten schon ab 2026 gelten, wurden jedoch auf 2027 verschoben.
Im gleichen Jahr wird der UK CBAM an den Start gehen. Dessen Einführung war schon von der Regierung von Rishi Sunak im Dezember 2023 verkündet wurden. Nach einem Konsultationsverfahren folgte im Oktober 2024 die Bestätigung mit Grundzügen zur Gestaltung des CBAM.
Seit dem 24. April liegen nun die ersten Entwürfe der Rechtsvorschriften mit Erläuterungen vor. Bis zum 3. Juli läuft nun ein weiteres Konsultationsverfahren. Auf Grundlage der Ergebnisse soll dann bis zum Ende des Jahres die primäre Gesetzgebung als Teil eines Finanzgesetzes beschlossen werden.
Unterschiede zwischen UK und EU CBAM
Aus unserer ersten Analyse der vorliegenden Rechtsvorschriften ergeben sich viele Gemeinsamkeiten des UK CBAM mit dem EU CBAM, nicht nur in der Zielsetzung, sondern auch in der grundsätzlichen Funktionsweise. Allerdings unterscheiden sich die beiden Systeme auch in der Ausgestaltung einiger Umsetzungsaspekte.

Sektorale und geographische CBAM-Anwendung
Die sektoralen Anwendungsbereiche sind fast gleich:
- Beide Systeme decken Aluminium, Düngemittel, Eisen & Stahl, Wasserstoff und Zement ab. Auch die in diesen Sektoren erfassten KN-Codes und Treibhausgase sollen identisch sein.
- Der EU CBAM erfasst zusätzlich Elektrizität.
Die Anwendungsbereiche sollen kontinuierlich überprüft werden. Anfangs war vorgeschlagen, im UK CBAM auch Glass und Keramik zu erfassen. Und auch im EU CBAM wird aktuell eine Ausweitung auf weitere Sektoren und nachgelagerte Waren in den bereits erfassten Sektoren geprüft.
Einfuhren dieser Waren, die ihren Ursprung außerhalb des Vereinigten Königreichs haben, fallen ab 2027 unter den CBAM – auch solche die ursprünglich über spezielle Zollverfahren ins Land kommen. Das ähnelt dem EU CBAM. Und in beiden Systemen sollen Länder ausgenommen werden, die eine angeglichene CO2 Bepreisung haben.
Zuständigkeit und Fälligkeit
Zuständig für CBAM ist das Unternehmen, das die Waren in das Vereinigte Königreich einführt oder in deren Namen die Waren eingeführt werden. Eine gemeinsame Behandlung mehrerer Unternehmen als Unternehmensgruppe kann beantragt werden. Im EU CBAM ist dies über einen indirekten Zollvertreter möglich.
Unternehmen müssen sich bei der HM Revenues & Customs (HMRC) als Steuerbehörde für CBAM registrieren lassen, sobald CBAM-Waren von über GBP 50.000 eingeführt werden. Unter diesem Wert gelten keine CBAM-Pflichten.
Eine Registrierung ist notwendig:
- Am ersten Tag des Monats, nach dem diese Grenze in der vorherigen 12 Monaten überschritten wurde (rückblickender Test); oder
- An dem Tag, an dem innerhalb der nächsten 30 Tage eine Wareneinfuhr über dieser Grenze erwartet wird (vorrauschauender Test).
Im EU CBAM sind aktuell nur einzelne Sendungen unter einem Warenwert von EUR 150 ausgenommen. Jedoch soll zukünftig ein Mengen-basierter Schwellenwert gelten. Vorschläge der Kommission definieren 50 Tonnen als kumulierte Menge über ein Kalenderjahr. Das würde dem Schwellenwert im UK CBAM näherkommen.
Die Steuererklärungen und Zahlungen im UK CBAM sind jedes Quartal fällig – jeweils 2 Monate nach Quartalsende (d.h. bis Ende Mai für Q1). Im EU CBAM erfolgt eine jährliche CBAM-Abrechnung, jedoch gibt es quartalsweise Mindestmengen. Beide Systeme gewähren im ersten Jahr verlängerte Zahlungszeiträume.
CBAM-Zahlungen und Berechnung
Ein wesentlicher Unterschied zum EU CBAM ist, dass der UK CBAM explizit eine fixe CO2-basierte Steuer auf Importe erhebt. Auch der EU CBAM erhebt eine CO2-basierte Abgabe, jedoch erfolgt diese über CBAM-Zertifikate.
Auch wenn theoretisch die Abgabenhöhe in beiden Systemen gleich sein kann, ergeben sich daraus einige Unterscheide in der Umsetzung:
- Die Steuerhöhe im UK CBAM wird anhand der Preise im UK ETS und CPS für die quartalsweisen Abrechnungsperioden festgelegt. Daraus ergibt sich eine bessere Planbarkeit.
- Im EU CBAM können die Preise für CBAM-Zertifikate stark schwanken – je nach dem, wann diese gekauft werden. Denn der Preis wird wöchentlich auf Basis der Preise in den EU ETS Auktionen ermittelt. Im ersten Quartal 2025 führte das zu Preisen zwischen EUR 68 und 80.
Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass im UK CBAM ein Steuersatz für jeden CBAM-Sektor gesetzt wird. Dieser berücksichtigt eine Anpassung für die freie Zuteilung von Emissionsrechten – als Sektor Durchschnitt des Vorjahres. Im EU CBAM werden freie Zuteilungen über KN-Code spezifische Benchmarks angerechnet.
In beiden Systemen können CO2 Preise, die bereits im Ursprungsland gezahlt wurden, abgezogen werden. Dabei sollen nur explizite CO2 Preise aus ETS oder CO2 Steuern anerkannt werden. Jedoch fehlen für die genaue Berechnung nicht nur im UK CBAM sondern auch noch im EU CBAM die Umsetzungsregeln.
Ermittlung der CBAM-Emissionen
Abgaben werden in beiden Systemen auf Grundlage der direkten Emissionen aus Produktionsprozessen berechnet. Unterscheide gibt es in der Erfassung der indirekten Emissionen der eingesetzten Elektrizität:
- Im UK CBAM werden diese für alle Sektoren erfasst. Denn diese werden auch im britischen ETS und über den CPS bepreist.
- Im EU CBAM dagegen sind diese nur für Düngemittel und Zement hinzuzurechnen. Für Aluminium, Eisen & Stahl und Wasserstoff sind diese vorerst ausgenommen. Jedoch wird eine Ausweitung geprüft.
Zur Ermittlung der bepreisten Emissionen sind tatsächliche Emissionswerte von den Herstellern präferiert. Wie im EU CBAM müssen diese von einem unabhängigen Prüfer verifiziert sein. Prüfer benötigen eine Akkreditierung von einem Mitglied des IAF. Alternativ stehen Standardwerte zur Verfügung wie im EU CBAM.
Jedoch soll es in 2027 nur einen Standardwert pro KN-Code geben und damit keine Unterscheidung nach dem Herkunftsland wie im EU CBAM. Für die Jahre nach 2027 wird die Umsetzbarkeit eines ausdifferenzierteren Systems geprüft.
Wie im EU CBAM sollen in der Ermittlung der Emissionswerte auch die Emissionen von Vorläuferstoffen einbezogen werden. Weitere Einzelheiten zu Systemgrenzen und Überwachung folgen in delegierten Rechtsvorschriften. Erst daraus werden mögliche Unterschiede in der Emissionsermittlung zum EU CBAM ersichtlich.
Fragmentierte Regeln und wachsende Handelsbarrieren
Nach der EU stellt das Vereinigte Königreich den zweiten CO2 Grenzausgleich weltweit. Damit sind diese Instrumente noch politisches Neuland. Schon die ersten Erfahrungen in der EU hatten Umsetzungsherausforderungen offengelegt. Daraufhin wurden nun weitreichende Vereinfachungen vorgeschlagen.
Während die ersten Entwürfe zum UK CBAM auf diese Erfahrungen bauen konnten, sind diese auch durch umfassende Konsultationen gelaufen. Doch sind Änderungen auch hier möglich. So ist die weitere regulatorischen Entwicklungen zu beobachten, um die notwendigen Vorbereitungen zu starten, u.a. zur:
- Zahlung der CBAM-Steuern und Erhebung der dafür notwendigen Daten durch Unternehmen mit Einfuhren von CBAM-Waren in das Vereinigte Königreich;
- Ermittlung von Emissionsdaten über die Lieferkette gemäß der Methodik im UK CBAM durch Unternehmen mit Ausfuhren von CBAM-Waren in das Vereinigte Königreich;
- Anpassung an Preiserhöhungen und Anrechnung bereits gezahlter CO2 Preise im EU CBAM für Unternehmen mit EU-Einfuhren aus dem Vereinigten Königreich.
Noch bleibt Zeit zur Vorbereitung. Im ersten UK CBAM Jahr soll die Abrechnung für 2027 erst zum 31. Mai 2028 erfolgen. Unternehmen mit globalen Lieferketten müssen sich jedoch auf national-variierende Standards, Methoden und Umsetzungsregeln bei der Einfuhr emissions-intensiver Waren einstellen.
Mit dieser Fragmentierung könnten Handelsbarrieren im aktuellen Umfeld von steigenden Zöllen noch größer werden. Auch andere Länder prüfen die Einführung von Grenzausgleichsmechanismen, wie z.B. Kanada und Australien. Und selbst in den USA gibt es Vorschläge für CO2-basierte Zölle.
Um negative Handelsauswirkungen zu vermeiden, ist eine verbesserte Koordinierung notwendig, wie auch von Internationale Organisationen dargelegt. So hat die Internationale Handelskammer (ICC) bereits Prinzipen für die Gestaltung von CO2 Grenzausgleichen vorgeschlagen, z.B. über internationale Bilanzierungsansätze.
Quellen und weiterführende Informationen:
- HM Revenue & Customs: CBAM Draft Legislation
- HM Treasury: CBAM Factsheet
- Department for Energy Security and Net Zero: ETS Guidance and Tools
- ICC: Globale Prinzipen für Effektive CO2 Grenzausgleiche
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