BlogCO2 Bepreisung – Allgemein, CO2 Grenzausgleich (CBAM)

Anrechnung von CO2 Preisen in CBAM

Geschrieben von

Federica Sirressi

Veröffentlicht am

12. September 2024

EU Importeure können die in den Ursprungländern ihrer CBAM-Waren bereits gezahlten CO2 Preise auf die benötigten CBAM-Zertifikate anrechnen lassen. In einer engen Auslegung würden dafür nur ETS und CO2 Steuern anerkannt werden. Bei einer offenen Gestaltung könnten auch andere CO2 Preissysteme die CBAM-Abgaben senken.

Abzüge von den CBAM-Abgaben

Ab 2026 müssen europäische Unternehmen eine CO2 Abgabe für importierte Waren zahlen, die unter das CO2 Grenzausgleichssytem (CBAM) der EU fallen. Basierend auf den grauen Emissionen müssen sie CBAM-Zertifikate erwerben und abgeben.

Gemäß Artikel 9 der CBAM-Verordnung können Importeure die Anzahl der abzugebenden Zertifikate verringern um die in einem Drittland bereits gezahlten CO2 Preise. Derzeit haben 18 Nicht-EU-Ländern eine CBAM-relevante CO2 Bepreisung in Form eines Emissionshandelssystems (ETS) oder einer CO2 Steuer.

Der anzurechnende CO2 Preis soll als Steuer, Abgabe, Gebühr oder Emissionsberechtigung erhoben sein. Auch muss der Preis effektiv gezahlt werden. Erstattungen oder Ausgleichszahlungen werden also abgezogen.

Diese Bestimmungen bieten noch viel Spielraum für die Anerkennung verschiedener CO2 Bepreisungsinstrumente. Die genauen Regeln sollen in Durchführungssakten der EU Kommission festgelegt werden. Dies wird bis Ende 2025 erwartet.

Anerkennung von CO2 Bepreisungsinstrumenten

Die Regeln können entweder eine Anrechnung auf ETS-ähnliche Mechanismen und CO2 Steuern beschränken oder verschiedene Instrumente zur CO2 Bepreisung zulassen. Dazwischen gibt es ein breites Spektrum.

Fachleuten zu Folge sollten die anzuerkennenden CO2 Preise anhand von 4 Prinzipien beurteilt werden:

  • Fairness: Vermeidung einer doppelten Zahllast für die gleichen Emissionen
  • Wettbewerb: Gleichbehandlung von EU- und Nicht-EU-Herstellern
  • Integrität: Einhaltung von Umweltstandards und Vermeidung einer CO2 Verlagerung
  • Umsetzbarkeit: Gewährleistung der technischen und kosteneffizienten Umsetzung

Emissionsrechte

In ETS ergibt sich der CO2 Preis aus den handelbaren Emissionsrechten. Auch wenn die Preise in ETS unterschiedlich hoch ausfallen können, stellen diese effektive Kosten für die Emittenten dar.

Die Anerkennung von ETS in Drittländern gewährleistet Fairness und Wettbewerb. Unterschiedliche Gestaltungen der Handelssysteme zum EU ETS können jedoch die Umsetzbarkeit beeinflussen. Je nach Regeln zur Zuteilung freier Emissionsrechte und Datenverfügbarkeit kann die Berechnung der effektiven Preise schwierig sein.

CO2 Steuern

Steuern auf Emissionen sind ein direkter CO2 Preis. Die Anerkennung dieser entspricht den Prinzipien zu Fairness, Wettbewerb und Integrität. Zudem ist die praktische Umsetzung gegenüber ETS vereinfacht, da die effektiven Preise leichter zu ermitteln sind.

Einige Länder, wie z.B. Indien, haben vorgeschlagen, eine CO2 Steuer nur auf CBAM-erfasste Exportgüter einzuführen. Eine solche Exportsteuer würde nicht eine Verlagerung von CO2 Emissionen verhindern und EU Hersteller benachteiligen.   

Verpflichtende CO2 Ausgleiche

Einige Mechanismen wie das koreanische Emissionshandelssystem und die südafrikanische CO2 Steuer erlauben den Erwerb von Gutschriften zur Senkung der CO2 Abgaben. Die Kosten für diese stellen einen effektiv gezahlten Preis dar.

Der EU ETS akzeptiert solche Kompensationen aufgrund von Integritätsbedenken derzeit nicht. Jedoch wird an strengeren Standards für deren Nutzung gearbeitet, u.a. über internationale CO2 Märkte oder den EU-Zertifizierungsrahmen für CO2 Entnahmen.

Ein zusätzliches Problem besteht darin, dass der CO2 Preis für solche Kompensationen nicht unbedingt “im Ursprungsland” der eingeführten Waren gezahlt wird, wie in Artikel 9 vorgesehen. Zahlungen könne auch an ein anderes Land fließen, in dem das Projekt zur CO2 Minderung oder Entnahme umgesetzt wird.

VCM Gutschriften

Unternehmen können freiwillige CO2 Märkte (VCMs) nutzen, um durch den Kauf von Emissionsgutschriften unvermeidbare Emissionen auszugleichen. Zuletzt wurden jedoch viele dieser freiwilligen Gutschriften hinsichtlich ihrer Integrität kritisiert.

Da freiwillige Gutschriften im EU ETS nicht akzeptiert werden, werden diese vermutlich auch im CBAM nicht anerkannt. Dies könnte jedoch dem Fairnessprinzip widersprechen, da der gezahlte Preis für solche Gutschriften unberücksichtigt bleibt.

Indirekte CO2 Preise

Viele Länder erheben Steuern und Abgaben, die wie CO2 Preise wirken, aber nicht direkt an Emissionen gebunden sind. Beispielsweise erhöhen Verbrauchssteuern auf Kraftstoffe die Kosten emissions-intensiver Alternativen, werden aber nicht explizit für die Emissionen gezahlt.

Die Umwandlung solcher Abgaben in Preise pro Tonne CO2 wäre einfach. Jedoch erschwert die Vielfalt der Systeme eine umsetzbare, standardisierte Berechnungsmethode. Da Artikel 9 nur CO2 Preise anerkennt, die direkt an Emissionen gebunden sind, ist eine Anerkennung dieser Abgaben unwahrscheinlich.

Instrumente ohne Preisfestsetzung

Auch Instrumente wie Emissionsstandards und Technologievorgaben können die Emissionen in Drittländern verringern und je nach Ausgestaltung den Prinzipien zu Wettbewerb und Integrität entsprechen.

Über den Aufwand zur Einhaltung der Standards und Vorgaben stellen diese auch Kosten dar, so dass ihre Anerkennung auch fair wäre. Jedoch ist ihre Anrechnung technisch schwierig und damit wahrscheinlich nicht von CBAM abgedeckt.

Szenarien zur Anrechenbarkeit im CBAM

Während die Regeln zur Anrechenbarkeit von CO2 Preisen im CBAM ausgearbeitet werden, können EU Importeure bereits jetzt mögliche Auswirkungen prüfen. Durch den Vergleich verschiedener Anerkennungsszenarien können die möglichen Abzüge von den CBAM-Abgaben besser eingeschätzt werden.

Ein großer Unsicherheitsfaktor in all diesen Szenarien ist der zukünftige EU ETS Preis im Vergleich zu den CO2 Preisen im Ursprungsland. Auch die Methoden zur Berechnung der tatsächlich gezahlten Preise sind noch nicht festgelegt.

Laut einer UBA Empfehlung könnte dies entweder anhand der tatsächlich gezahlten Preise oder mit einem landesweiten Durchschnitt berechnet werden. Auch diese beiden Methoden fallen in ihrer Wirkung bzgl. Fairness, Wettbewerb, Integrität und Umsetzbarkeit unterschiedlich aus.

Die kommenden Durchführungsrechtsakte werden auch diese Aspekte klären müssen. Alles in allem wird noch viel Klarheit zur genauen Anrechnung von bereits gezahlten CO2 Preisen in Drittländern bis zum Start der CBAM-Abgaben in 2026 benötigt.

(Dieser Blog resultiert aus den Ergebnissen einer Masterarbeit, die von Professor Christian Flachsland im Rahmen des Masterstudiengangs Public Policy an der Hertie School betreut wurde)


Quellen und weitere Informationen:


Foto von Wolfgang Weiser auf Unsplash