Die Berichtspflichten im CO2 Grenzausgleich der EU werden verschärft. Die zuständigen Behörden haben nun Vorgaben dafür kommuniziert. Tatsächliche Emissionsdaten sind von den Lieferanten der CBAM-Waren abzufragen. Sind diese nicht verfügbar, ist dies nachzuweisen. Dann werden Emissionswerte im CBAM Bericht auf 0 gesetzt.
(dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert – letzte Aktualisierung am 24.10.2024)
Ausweitung der CBAM Berichtspflichten ab Q3
Die Übergangsphase des EU Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) bis 2026 sieht umfassende Berichtspflichten vor. Berichtspflichtige Unternehmen müssen jedes Quartal die „grauen“ Emissionen ihrer importierten CBAM-Waren melden.
Galten vorerst vereinfachte Regeln zur Emissionsermittlung über Standardwerte, werden ab Q3 2024 die Berichtspflichten verschärft. §4 der Durchführungsverordnung (DV) sieht zur Emissionsberechnung vor:
- Bis zum 31.7.2024 andere Methoden sowie die von der EU Kommission bereitgestellten Standardwerte
- Bis zum 31.12.2024 CBAM-vergleichbare Methoden aus (i) CO2-Bepreisungssystem am Standort, (ii) verbindliches Emissionsüberwachungssystem am Standort oder (iii) Emissionsüberwachungssystem der Anlage
- CBAM Methode durch (i) Berechnung der Emissionen aus Stoffströmen auf Grundlage von Tätigkeitsdaten oder (ii) Messung der Emissionen aus Emissionsquellen durch kontinuierliche Messung
Gemäß §5 können für bis zu 20% der Emissionen von komplexen CBAM-Waren (d.h. Erzeugnisse aus Eisen & Stahl oder Aluminium) Schätzwerte, inkl. Standardwerte, verwendet werden. Darüber hinaus sind tatsächliche Emissionsdaten von den Betreibern der Anlagen gefragt, in denen die CBAM-Waren hergestellt werden.
Im Anhang III der DV ist weiter geregelt, dass Standardwerte genutzt werden können, wenn den Anlagenbetreibern nicht möglich ist, die tatsächlichen Daten nach den o.g. Methoden zu bestimmen und keine andere Methode zur Schließung von Datenlücken zur Verfügung steht. Dieses ist im Bericht kurz zu begründen.
Klärung durch die EU Kommission
Die EU Kommission hat die Auslegung dieser Vorgaben in einer Aktualisierung ihrer Fragen & Antworten am 9.8.2024 (Aktualisierung am 24.10.2024) kommuniziert (siehe Frage 75). Darin wird klargestellt, dass ab dem 1. Juli 2024 tatsächliche Emissionen in den CBAM Berichten zu melden sind.
Berichtsvorbereitung
Die berichtspflichtigen Unternehmen haben alle möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um die tatsächlichen Emissionsdaten von ihren Lieferanten bzw. den Herstellern der CBAM-Waren zu erhalten.
Die Anstrengungen sollen sich sowohl nach den eigenen Kapazitäten als auch die Fähigkeiten der Anlagenbetreiber richten. Falls tatsächliche Emissionsdaten nicht erhoben werden können, sind die unternommenen Anstrengungen nachzuweisen.
Berichtsabgabe
Bei der Berichtsabgabe ist dies ist dann im Kommentarfeld des jeweiligen Emissionseintrags zu vermerken. Nachweise für die erfolglosen Bemühungen sind dem Bericht hinzuzufügen.
Lt. der letzten Aktualisierung des CBAM Register Nutzerhandbuchs am 8.10.2024 wird der Emissionswert auf null gesetzt. Die Berichte gelten dann als unvollständig bzw. unzutreffend nach § 13 der DV. Ohne Korrekturmaßnahmen wären dann die in §16 festgelegten Strafen fällig.
Berichtsprüfung
Die zuständigen CBAM-Behörden auf nationaler Ebene sind für die Verhängung der Strafen zuständig. Dabei sollen diese beurteilen, ob die notwendigen Schritte unternommen wurden, um die tatsächlichen Emissionsdaten zu erheben.
Die Kommission nennt folgende Faktoren, die bei der Entscheidung über Sanktionen berücksichtigt werden können:
- Mittel und Ressourcen, die tatsächlich zur Datenerhebung aufgewandt wurden
- Deren Angemessenheit in Bezug auf die wirtschaftliche Größe und die Einfuhrmenge der CBAM-Waren des Anmelders
- Wiederholung von Abfragen sowie Folgemaßnahmen mit Lieferanten und Herstellern der CBAM-Waren
- Betreffenden Zeitraum und Dauer.
Auslegung der nationalen CBAM Behörden
Insgesamt ergibt sich aus diesen EU Vorgaben ein großer Ermessenspielraum der nationalen CBAM-Behörden. In ersten Ländern wurden Anweisungen dafür jetzt kommuniziert. Hierbei zeichnet sich schon jetzt eine unterschiedliche praktische Auslegung ab.
DEHSt in Deutschland
In ihrem Newsletter vom 2.8.2024 bestätigt die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) als zuständige CBAM-Behörde für Importeure in Deutschland das von der EU Kommission kommunizierte Vorgehen. Allerdings sollen tatsächliche Emissionen gemäß DV erst für Wareneinfuhren ab dem 1.8.2024 berichtet werden.
Sollten für Einfuhren danach diese Daten nicht zur Verfügung stehen, macht die DEHSt von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch, wenn:
- Nachgewiesen ist, dass alles Mögliche getan wurde, um die tatsächlichen Emissionen zu melden oder
- Eine nachvollziehbare Begründung vorliegt, dass alle zumutbaren Anstrengungen unternommen wurden, um die tatsächlichen Emissionen zu melden und weitere Schritte zur Ermittlung der tatsächlichen Daten einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert hätten und
- Keine weiteren Unstimmigkeiten im Bericht vorliegen
Was hierfür als ausreichend angesehen wird, bleibt abzuwarten. Die DEHSt hebt hervor, dass sie bei der Verhältnismäßigkeit des Aufwands insb. die Relevanz der zugrundeliegenden CO2-Emissionen der CBAM-Importe berücksichtigen wird.
AnEH in Österreich
Schon am 30.7.2024 hatte die österreichische Finanzverwaltung in ihrem CBAM Newsletter zu ihrem Vorgehen informiert. Auch hier sollen für die Berichte ab Q3 dieses Jahres nur die von den Lieferanten bekanntgegebenen tatsächlichen Emissionen verwendet werden.
Das Amt für den nationalen Emissionzertifikatehandel (AnEH) als zuständige CBAM-Behörde in Österreich sieht von etwaigen Sanktionen ab, sollten Lieferanten trotz nachweislicher zweimaliger Aufforderung keine Angaben zu den Emissionen übermitteln. Zur Dokumentation wurde eine Vorlage zur Datenabfrage bereitgestellt. Die dokumentierten Versuche gelten als Nachweis, dass alle Mittel ausgeschöpft wurden.
DGEC in Frankreich
Das Direction Générale de l’Énergie et du Climat (DGEC) in Frankreich hatte in einem Schreiben im September erklärt, die Nutzung von Standardwerte auch im Q3 und Q4 Bericht zu tolerieren. Bei ihren Prüfungen liege der Fokus auf Quartalsberichte mit mehr als 100 tCO2e.
Climate Service in Belgien
Auch der Belgische Climate Service hatte im Oktober kommuniziert, den Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Emissionsdaten vor allem in Berichten mit geringen Emissionsmengen Rechnung zu tragen.
Jedoch behalte man sich das Recht zur Verhängung von Sanktionen vor – vor allem dann, wenn die angegeben Informationen im Widerspruch zu Angaben der gleichen Herstellungsanlage in anderen Berichten stehen.
Abfrage und Prüfung von Lieferantendaten
Mit diesen jüngsten Auslegungen bestätigt sich die Notwendigkeit tatsächlicher Emissionsdaten für CBAM-Berichte ab Q3. Sollten diese nicht zur Verfügung stehen, können berichtspflichtige Unternehmen – vor allem kleinere Importeure – auf Nachsehen der Behörden hoffen.
Importeure sollten in jedem Fall die “zumutbaren Anstrengungen” unternehmen, um an die benötigten Daten zu kommen. Dafür sind mindestens die Datenabfragen bei den Lieferanten bzw. Herstellern der CBAM-Waren durchführen.
Falls diese unbeantwortet bleiben bzw. Daten nicht vorliegen, ist dies als Nachweis für die CBAM-Berichte (und spätere Prüfungen) zu dokumentieren.
Aber auch wenn Emissionsdaten von Lieferanten oder Waren-Herstellern übermittelt werden, ist unbedingt zu prüfen, ob diese die CBAM-Anforderungen (v.a. bzgl. Methodik und Berichtszeitraum) erfüllen.
Anlagenbetreiber ohne bisherige Emissionsüberwachung dürften kaum über tatsächliche Emissionsdaten verfügen. Wie mit Schätzwerten zu verfahren ist, die in der DV gleichgestellt sind mit Standardwerten, lässt die EU Kommission bisher unbeantwortet.
Quellen und weitere Informationen:
- BMF Österreich: CBAM Emissionsberechnung
- DEHSt: CO2 Grenzausgleichssystem
- Europäische Kommission: Q&A zum Carbon Border Adjustment Mechanism
- EU: Durchführungsverordnung zu den Berichtspflichten
- EU: Verordnung zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems
Foto von Tim van der Kuip auf Unsplash