Der erste EU-weite Rahmen für die Zertifizierung von CO2-Entnahmen kommt. Dazu stehen nun die Standards für die Anerkennung von Aktivitäten zur dauerhaften CO2 Entnahme, Speicherung und Bindung. Technologien zur Kohlenstoffentnahme sollen schwer abbaubare Emissionen kompensieren und zu negativen Emissionen führen.
Skalierung des Kohlenstoffabbaus
Das Europäische Parlament hat einen Gesetzesentwurf für das Carbon Removal Certification Framework (CRCF) verabschiedet. Dieser Rahmen legt freiwillige Standards für CO2 Entnahmen mithilfe von Kohlenstoffentnahmen (CDR) fest.
Diese Technologie sollen schwer vermeidbare Emissionen kompensieren. Damit wird ein wichtiger Beitrag für das EU-Ziel der Klimaneutralität in 2050 und negativen Emissionen danach geleistet. Ein Vorschlag der Europäischen Kommission zielt auf eine jährliche Entnahme von etwa 400 Mt CO2e bis 2040 ab.
Bis 2030 sollen laut EU Klimagesetz etwa 225 Mt CO2e entnommen werden. Die überarbeitet LULUCF-Verordnung (Änderung 2023/839) sieht bereits 310 Mt CO2e im Jahr 2030 aus natürliche Senken vor.
Der Aktionsplan der Kommission für nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe nimmt auch technische Senken in den Blick. Dadurch sollen in 2030 vorerst 5 Mt CO2e aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft gespeichert werden. Die EU-Strategie für industrielles CO2 Management baut diese Ziele aus.
Die CRCF legt nun die Standards für die Zertifizierung solcher Entnahmen fest. Ein Vorschlag dafür wurde im November 2022 vorgelegt. Im Februar wurde eine vorläufige Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erzielt, die dann im März von den Mitgliedstaaten bestätigt wurde.
Das breite Spektrum an CDR-Technologien unterscheidet sich stark in ihren Entnahme-Kosten, aber auch CO2 Effekten und Beständigkeit. Bislang werden die Standards dafür von Marktplattformen wie Puro Earth oder freiwilligen Zertifizierungssystemen wie Gold Standard oder Verra festgelegt.
Diese vielfältigen Standards erschweren die Vergleichbarkeit von zertifizierten Entnahmen. Außerdem wachsen Qualitäts-Bedenken. Hier soll der CRCF-Rahmen mit einem einheitlichen Qualitätsstandards Abhilfe schaffen.
Der CRCF-Rahmen geht Hand in Hand mit der Green-Claims-Richtlinie der EU. Dieser Gesetzesvorschlag zielt auf den Schutz von Konsumenten vor Greenwashing. Unter anderem ist vorgesehen, dass Unternehmen für den Ausgleich von Emissionen nur über das CRCF zertifizierte Entnahmen nutzen sollen.
Qualitativ hochwertiger Abbaustandards
Der CRCF-Rahmen definiert die Aktivtäten und Kriterien für eine Zertifizierung von CO2 Entnahmen. Auch wird das Verfahren zu Monitoring, Reporting und Verifizierung festgelegt.
Anerkannte CO2 Entnahmen
Über den CRCF können drei Aktivitäten zertifiziert werden:
- Permanente CO2 Entnahmen, wie Bioenergie mit CO2 Abscheidung und Speicherung (BECCS) oder direkte Abscheidung und -speicherung (DACS). Diese Entnahmen sollen für mehrere Jahrhunderte gespeichert werden. Diese werden in Einheiten des entnommenen CO2 gemessen.
- CO2 Speicherung in langlebigen Produkten wie Holzbaustoffen und Pflanzenkohle. Diese sollen mindestes für 35 Jahre gebunden werden. Diese werden in Einheiten des gespeicherten CO2 gemessen.
- CO2-Farming inkl. Emissionsminderungen durch Böden, z.B. Aufforstung, verbesserte Bodenbewirtschaftung, Vernässung von Mooren sowie anderer innovativer landwirtschaftliche Verfahren. Gemessen wird das gebundene CO2 oder die Emissionsreduktion. Diese müssen mindestens für 5 Jahre bestehen.
Wenn das Risiko steigt, dass die CO2 Effekte verloren gehen, werden die zertifizierten Einheiten nach dem festgelegten Überwachungszeitraum gelöscht.
Qualitätskriterien
Zudem legt die Verordnung QU.A.L.ITY-Kriterien für die Zertifizierung fest:
- Quantification: Die korrekte Bewertung der Entnahme-Mengen hat oberste Priorität. Dazu muss eine Baseline berechnet werden. Dieser wird mindestens alle 5 Jahre überprüft.
- Additionality: Nur Aktivitäten, die nicht unter nationale Ziele fallen, können berücksichtigt werden. Diese dürfen ohne Zertifizierung nicht wirtschaftlich sein, so dass die CRCF einen zusätzlichen Anreiz schafft.
- Long-term Storage: Der erzielte CO2 Effekt muss dauerhaft sein, so dass das Risiko einer späteren CO2 Freisetzung minimiert wird. Die Mindestzeiträume dafür variieren je nach Aktivitätstyp.
- Sustainability: CO2-Abbau muss einen neutralen oder sogar positiven Effekt auf Nachhaltigkeitsaspekte wie z.B. der Biodiversität haben. Diese Anforderungen werden in weiteren delegierten Rechtsakten festgelegt.
Weitere Informationen zur Umsetzung folgen
Der endgültige Rechtstext zur CRCF soll bis Ende 2024 veröffentlicht werden. Ein gemeinsames EU-Register wird dann innerhalb von 4 Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung eingerichtet. Bis dahin müssen Zertifizierungssysteme unter dem CRCF interoperable Register führen.
In der Zwischenzeit erarbeitet eine Expertengruppe die technischen Methoden zur Zertifizierung für die verschiedenen Aktivitätstypen. Die Methoden werden in folgenden delegierten Rechtsakten verankert.
Die Kommission prüft bis 2026 zu dem, ob und wie CO2 Entnahmen im EU Emissionshandel (ETS) integriert werden können. Die Strategie für industrielles CO2 Management schlägt dafür entweder eine direkte Anrechnung auf die handelbaren Emissionsrechte im ETS oder einen separaten Mechanismus vor.
Dann könnten die von der CRCF festgelegte freiwillige Standards auch für verpflichtende CO2 Märkte maßgeblich werden. Dafür soll die Kommission auch bewerten, wie der CRCF-Rahmen mit Artikel 6 des Pariser Abkommens vereinbar ist. Um finanzielle Anreize für CO2 Entnahmen zu schaffen, würden die Standards auch von marktorientierten Mechanismen auf globaler Ebene und in den freiwilligen CO2 Märkten aufgegriffen werden.
Quelle und weitere informationen:
- Europäisches Kommission: Zertifizierung von CO23 Entnahmen
- Europäisches Parlament: Ein EU-Rahmen für CO2 Entnahmen
- DEHSt: EU-Zertifizierungsrahmen für Kohlenstoffbindungen
- Europäisches Parlament: MEPs nehmen Zertifizierungsrahmen an
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