BlogCO2 Management, EU Emission Trading System (ETS)

EU Länder einigen sich auf 2040 Klimaziel

Geschrieben von

Ulf Narloch

Veröffentlicht am

5. November 2025

Der EU-Rat hat eine Einigung zum Klimaziel für 2040 erzielt. Gemäß dem Vorschlag der Kommission sollen die Emissionen im Vergleich zu 1990 um 90% gesenkt werden. Für bis zu 5% sollen internationale CO2 Gutschriften anrechenbar sein. Mit CO2 Entnahmen und Speicherung ergibt sich eine Reduktion der Brutto-Emissionen um nur 73%.

(Letzte Aktualisierung am 6.11.2025) 

Ziele auf dem Weg zur Klimaneutralität

Nach langen Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten hat sich der EU-Rat in einer öffentlichen Abstimmung auf seinen Standpunkt zum Klimaziel für 2040 geeinigt: Die Treibhausgasemissionen (THG) sollen gegenüber 1990 um 90 % gesenkt werden, wie zuvor in einem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission (EC) dargelegt.

Internationale CO2 Gutschriften sollen auf bis zu 5% dieser Emissionen anrechenbar sein. Der EC-Vorschlag hatte 3% vorgesehen.

Dieser Deal kam in letzter Minute zustande. Nächste Woche beginnt die UN-Klimakonferenz (COP30). Vorher müssen die nationalen Klimapläne eingereicht werden. Die EU hat dafür nun einen indikativen nationalen Beitrag für 2035 von einer Reduktion der 1990 Emissionen um 66,25 bis 72,5 % festgelegt.

Nun muss auch das Europäische Parlament (EP) seinen Standpunkt zu dem 2040-Ziel festlegen. Anschließend beginnen die Verhandlungen zwischen dem Rat und dem EP, um sich auf den endgültigen Gesetzestext zu einigen.

Die EU strebt an, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, um die Verpflichtungen des Pariser Abkommens zu erfüllen. Als Teil des Green Deals wurde das Ziel von Netto-Null-Emissionen in 2050 im Europäischen Klimagesetz (ECL: 2021/1119) rechtsverbindlich festgeschrieben.

Das ECL gibt auch vor, die Emissionen von 1990 bis 2030 um 55% zu senken. Dazu wurden im Fit-for-55-Paket politische Maßnahmen und Rechtsvorschriften auf den Weg gebracht. Das ECL legt zudem einen Prozess zur Festlegung eines Zwischenziels für 2040 fest.

Im Februar 2024 hatte die EC dafür ihre Empfehlungen für eine 90%ige Reduktion veröffentlicht – zusammen mit einer Strategie für das CO2 Management. Beides wurde untermauert durch eine Folgenabschätzung sowie durch Empfehlungen des European Scientific Advisory Board of Climate Change.

Was beinhalten die Ziele für 2040?

Wie der EC Vorschlag zur Anpassung des ECL hält auch die Position des EU-Rats an einer Reduktion der 1990er Emissionen um 90% fest. Jedoch soll die Flexibilität vergrößert werden. Internationale CO2 Gutschriften für bis zu 5% dieser Emissionen sowie auch CO2 Entnahmen sollen auf dieses Netto-Ziel anrechenbar sein.

Unterziele dafür wurden nicht definiert. Doch die Folgenabschätzung modelliert CO2 Emissionen, Entnahmen und Speicherung in verschiedenen Szenarien. Auf deren Grundlage zeigen unsere Berechnungen, dass für die 90%ige Reduktion der Netto-Emissionen die Brutto-Emissionen um 73% gesenkt werden müssten.

90 % Nettoziel – aber mit CO2 Gutschriften und Entnahmen nur 70 % reale Emissionsminderung?

CO2 Vermeidung

Die Notwendigkeit einer tatsächlichen Verringerung der Bruttoemissionen wird durch Maßnahmen verringert, die auf die Nettoemissionen angerechnet werden.

Die Position des EU-Rats lautet wie der Legislativvorschlag der EC:

  • „Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, … besteht das verbindliche Klimaziel der Union für 2040 in einer Verringerung der Netto-Emissionen (Emissionen nach Abzug von Entnahmen) um 90% gegenüber dem Stand von 1990 bis 2040.“

Mit einer 90% Reduktion bleiben 464 Mt CO2e in 2040. Rechnet man CO2 Gutschriften, Entnahmen und Speicherung hinzu, betragen die Brutto-Emissionen 1.240 Mt CO2e. Dies ist zwar 2,5 Mal höher als die Netto-Emissionen, doch müssten auch dafür noch mehr als 60% der heutigen Emissionen abgebaut werden.

Lt. der Folgenabschätzung würden die Vermeidungen vor allem die Strom- und Energiesysteme betreffen, die bis 2040 weitgehend dekarbonisiert werden müssten. Auch die Emissionen in der Industrie müssten massiv sinken.

Emissionen aus Gebäuden müssten auf unter 100 Mt CO2e pro Jahr fallen. Ebenso müsste ein großer Teil des Straßenverkehrs ohne fossile Brennstoffe auskommen. Mit diesen Einsparungen würde die Landwirtschaft der bei weitem größte Emittent werden.

Die Vorschläge unterstützten auch die Flexibilität zwischen den Sektoren, um die Emissionen auf kosteneffiziente Weise zu verringern.

CO2 Gutschriften

Inländische Emissionen können durch den Erwerb von internationalen CO2 Gutschriften für Emissionsreduktionen an anderen Orten kompensiert werden.

Der Text des EU-Rats fügt hinzu:

  • „Ab 2036 ein Beitrag … hochwertiger internationaler Gutschriften gemäß Artikel 6 des Pariser Abkommens in Höhe von 5 % der EU-Nettoemissionen von 1990…“

Damit wird dieser Beitrag von 3% im Vorschlag der Kommission erhöht. Die genaue Höhe wurde heiß diskutiert, wobei einige Länder sogar noch höhere Beiträge forderten.

Obwohl dieser Prozentsatz gering ist, macht er mit 232 Mt CO2e rund 50% der Netto-Emissionen in 2040 aus. Neben dieser Aufweichung des 90%-Ziels weisen Kritiker auch auf Integritätsbedenken für solche CO2 Gutschriften hin.

Während Artikel 6 einen internationalen Rahmen für die Validierung, Verifizierung und Ausstellung hochwertiger Emissionsgutschriften festlegt, suggeriert der Text, dass die EU ihre eigenen Regeln festlegen würde.

Die Verwendung solcher internationalen CO2 Gutschriften wäre erst einmal bis 2050 begrenzt. Denn das ECL schreibt vor, dass dann die Netto-Emissionen innerhalb der EU bei null liegen sollen.

CO2 Entnahmen

Emissionen können auch durch die dauerhafte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch Technologien zum Carbon Dioxide Removal (CDR) ausgeglichen werden.

Die von EC und EU-Rat vorgeschlagenen Texte verlangen:

  • „die Rolle der inländischen dauerhaften Entnahme im Rahmen des EU Emissionshandelssystems (EU ETS), um Restemissionen aus schwer-vermeidbaren Sektoren zu kompensieren.“

Um das 90%-Ziel im Jahr 2040 zu erreichen, wäre lt. der Folgenabschätzung ein jährlicher Abbau von 365-391 Mt CO2e erforderlich.

Ergänzend zum ECL zielt die überarbeitete LULUCF-Verordnung (2023/839) auf Entnahmen von 310 Mt CO2 pro Jahr im Jahr 2030 aus natürlichen CO2-Senken ab. Der Rest müsste aus industriellen Entnahmen gedeckt werden.

Während diese aktuell kaum eine Rolle spielen, wurden durch Landnutzung und Forstwirtschaft (LULUCF) im vergangenen Jahr bereits 200 Mt CO2 aus der Atmosphäre entfernt.

Diese Werte sind jedoch rückläufig und mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Entsprechend enthält der Text des EU-Rats eine Bestimmung, wonach Defizite beim natürlichen Abbau nicht stärkere Vermeidungen in anderen Sektoren erfordern sollen.

CO2 Speicherung

Zudem kann verhindert werden, dass unvermeidbare Emissionen in die Atmosphäre gelangen – durch Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2.

Die vorgeschlagenen Rechtstexte erwähnen diese Lösung nicht ausdrücklich, aber der Einleitungstext hebt die Rolle der Abscheidung biogener Emissionen mit CO2 Speicherung (BioCCS) und Direct Air Capture mit CO2 Speicherung (DACCS) als Entnahme-Lösungen hervor. 

Darüber hinaus können Emissionen aus Industrieprozessen und der Stromerzeugung abgeschieden und dauerhaft gespeichert werden. Der Folgenabschätzung zufolge würde das 90%-Ziel die Abscheidung von 164-169 Mt CO2e aus diesen Quellen erfordern. Der größte Teil dieses CO2 würde dauerhaft unterirdisch gelagert werden.

Da dies mehr als 10% der heutigen Energie- und Industrieemissionen in der EU entsprechen würde, wäre ein massiver Ausbau der Abscheidungs- und Speicherkapazitäten erforderlich. Die Strategie für das industrielle CO2 Management ab 2024 bildet den Rahmen für solche Maßnahmen.

Bedeutung für CO2 Märkte

Die Anerkennung internationaler CO2 Gutschriften wird globalen CO2 Märkten ein Auftrieb geben. Wo und wie diese angerechnet werden, ist noch nicht vorgeben. Zusammen mit CO2 Entnahmen senken diese die Notwendigkeit zur Vermeidung von Emissionen in Europa.

Dennoch erfordert das 90% Ziel ambitionierte Emissionsminderungen in allen Sektoren bis 2040. So müßte auch die Industrie weitestgehend dekarbonisiert werden. Dafür werden ambitionierte politische Maßnahmen erforderlich sein. Die CO2-Bepreisung wird dabei eine Schlüsselrolle einnehmen.

Mit dem Auslaufen der kostenlosen Zertifikate tritt der Emissionshandel für Energie und Industrie (ETS1) im nächsten Jahr in eine neue Phase – parallel zu einem CO2-Preis für Importe (CBAM). Jedoch fordert der EU-Rat auch einen langsameren Pfad für das Auslaufen der freien Emissionsrechte ab 2028.

Mit Blick auf 2040 wird eine grundlegende Reform des ETS1 notwendig werden. Die Texte räumen bereits eine Integration von CO2 Entnahmen in den Emissionshandel ein.

Ein neuer EU-weiter CO2-Markt für Kraftstoffe soll die Emissionen von Gebäuden und Straßenverkehr abdecken (ETS2). Um den wachsenden Bedenken hinsichtlich steigender Energiekosten Rechnung zu tragen, hat der Rat auch eine Bestimmung ergänzt, mit der der Start des ETS2 um ein Jahr von 2027 auf 2028 verschoben wird.

In letzter Zeit wachsen die Bedenken gegen strenge Klimaziele. Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit treten in den Vordergrund, wie der Wettbewerbs-Kompass oder der Aktionsplan für die Stahl- und Metallindustrie verdeutlicht.

Angesichts der jüngsten Diskussionen hat der Rat auch eine Überprüfungsklausel für das ECL vorgeschlagen. Diese Überprüfung soll die wandelnden Herausforderungen und Chancen zur Verbesserung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU berücksichtigen.


Quellen und weitere Informationen:


Foto von James Whately auf Unsplash


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