BlogCO2 Grenzausgleich (CBAM)

Zusammenspiel der Stahl Safeguards mit CBAM

Geschrieben von

Ulf Narloch

Veröffentlicht am

29. Oktober 2025

Die Europäische Kommission hat neue Schutz-Maßnahmen für importierte Stahlprodukte vorgeschlagen. Zollfreie Kontingente sollen halbiert und der Nichtquoten Zoll auf 50% verdoppelt werden. Ab 2026 würden diese Zölle zusammen mit Zahlungen für CBAM Zertifikate die Einstandskosten importierter Stahlprodukte deutlich erhöhen.

(Letzte Aktualisierung 10.11.2025)

Schutz der europäischen Stahlindustrie

Die EU verschärft gleichzeitig seine Handels- und Klimapolitik für Stahl. Am 7. Oktober 2025 legte die Kommission ihren Plan zur Ablösung der aktuellen Schutzmaßnahmen vor, die im Juni 2026 auslaufen. Parallel dazu startet Anfang 2026 die endgültige Phase des CO2 Grenzausgleichs (CBAM).

Beide Bausteine sind zentrale Elemente des Steel & Metals Action Plan (SMAP) zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit. Ziel ist es, globale Überkapazitäten zu adressieren, Importschübe zu verhindern und Investitionsspielräume für CO2-armen Stahl zu schaffen.

Angesichts weltweiter Überkapazitäten und strenger Zölle, wie in den USA, droht die Umlenkung von Stahl-Erzeugnissen in die EU. Deshalb sehen die Vorschläge eine Senkung der Einfuhrkontingente sowie die Erhöhung des Nichtquoten Zolls vor. Zugleich wird CBAM mit dem Auslaufen der freien ETS-Emissionsrechte hochgefahren.

CBAM bepreist die Emissionen importierten Stahls, sodass dessen CO2-Kosten genauso hoch sind wie für Stahl, der in der EU hergestellt wurde. Beide Hebel zusammen zielen auf Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung.

Erst kürzlich hat die EU Änderungen der CBAM-Verordnung beschlossen. Während die Umsetzungsregeln für die endgültige CBAM-Phase noch finalisiert werden, muss auch der neue Schutzmaßnahmen-Vorschlag das ordentliche EU-Gesetzgebungsverfahren (Parlament und Rat) durchlaufen.

Nach der Verabschiedung muss die Kommission Durchführungsakte festlegen – etwa zur länderbezogenen Aufteilung der Quoten. Viel Zeit bliebt nicht, damit das neue System nahtlos die aktuellen Schutzmaßnahmen zum 30. Juni 2026 ablösen kann. Zusätzlich werden WTO-Verhandlungen nach GATT-Artikel XXVIII eröffnet.

Die neuen Schutzmaßnahmen

Der Vorschlag der Kommission umfasst drei Kernelemente:

  1. Halbierung der zollfreien Quoten auf ca. 18,3 Mio. Tonnen pro Jahr (etwa die Hälfte des aktuellen Niveaus);
  2. 50 % Zoll auf Einfuhren über dem Kontingent (zuvor 25 %);
  3. „Melt & Pour“-Herkunftsnachweis, um Umgehungsrisiken  zu reduzieren.

Auch wenn es große Überschneidungen in der Abdeckung von Stahlerzeugnissen gibt, unterscheidet sich die Funktionsweise von Safeguards und CBAM, vor allem in der Höhe und Erhebung dieser indirekten Steuern.

Zahlungen für Nichtquoten-Zoll vs. CBAM-Zertifikate für Importeure

Abdeckung der Schutzmaßnahmen

Der jüngste Komissions-Vorschlag soll die bisherigen Safeguards ersetzen durch neue Zollkontingente für 28 Warenkategorien. Einzelne Kategorien (z. B. metallisch beschichtete Bleche) werden zusätzlich in Subkontingente aufgeteilt. Geltungsbereich, Warencodes und Verwaltung der Kontingente folgen der EU-Zollnomenklatur (KN/TARIC).

Auf Basis der Eurostat COMEXT-Daten für 2024 entsprechen die gelisteten KN-Codes 29,8 Mio. Tonnen an EU-Importen. CBAM umfasst diese und weitere Stahlerzeugnisse – zusammen mit einem Einfuhrvolumen von 37,0 Mio. Tonnen in 2024. In Import Volumen und Wert stellen Stahlerzeugnisse den größten CBAM-Posten dar.

Berechnung der Zollkontingente

Die Kommission schlägt deutlich geringere zollfreie Kontingente als in den letzten Jahren vor. Pro Kategorie wird eine Quote ermittelt, indem der EU-Marktanteil der Importe von 2013 (rund 13 %) auf den EU-Verbrauch in 2024 angewandt wird.

Die kategoriespezifischen Kontingente ergeben in Summe ein jährliches Volumen von ca. 18,3 mt, bzw. 17,1 mt ohne mehrmals erfasste Codes. Handelsdaten zeigen, dass die EU-Importe 2024 in den meisten Kategorien über den vorgeschlagenen Kontingenten lagen:  In Summe würden die Quoten < 60% des Importvolumens in 2024 erlauben.

Die globalen Kontingente werden zur Abbildung traditioneller Handelsströme und zur Risikostreuung in länderspezifische Kontingente aufgeteilt. Die Kommission setzt diese per Durchführungsverordnung fest.

Zölle bei Überschreitung der Quoten

Werden länderspezifische Kontingente überschritten, fällt zusätzlich zu anderen Einfuhr-Abgaben der EU (z.B. Antidumping) ein Zoll von 50% auf den Zollwert an. Dabei wird sichergestellt, dass eine Sendung nicht aus mehreren Quoten gleichzeitig schöpfen kann; Doppelzählungen über Subkontingente hinweg sind ausgeschlossen.

Während die Importzölle bei der Einfuhrabfertigung zu zahlen sind, besteht für die zusätzlichen CBAM-Zahlungen mehr zeitliche Flexibilität. Innerhalb von Mindesthaltefristen erwerben Importeure CBAM-Zertifikate über das Jahr ab Februar 2027. Die Abrechnung erfolgt nachgelagert mit der jährlichen CBAM-Erklärung.

Rückverfolgbarkeit von Stahl („Melt & Pour“)

Importeure müssen zur Verbesserung der Herkunftstransparenz und zur Schließung von Umgehungsmöglichkeiten das Land angeben, in dem das flüssige Roheisen/Stahl erstmals erzeugt und in feste Form gegossen wurde. Das ist über Werkszeugnisse nachzuweisen.

CBAM erfordert Emissionsdaten der Herstellungsanlagen. Da der überwiegende Teil der Stahlemissionen beim Schmelzen und Gießen entsteht, benötigen Importeure CBAM-Daten derselben Werke. Falls Emissionsdaten fehlen, ist auch das Herkunftsland für die Verwendung nationaler Emissionswerte ausschlaggebend.

Zusätzliche Kosten für importierte Stahlerzeugnisse

Gemeinsam verteuern die neuen Schutzmaßnahmen und CBAM importierte Stahlerzeugnisse. Auf Basis von EU-Handelsstatistiken und CO2 IQ Berechnungen stellen Importe von Waren-Codes, die unter Safeguards und CBAM fallen, in 2024 einen Gesamtwert von EUR 26,6 Mrd. dar.

Ohne Anpassung der Handelsvolumen würden sich die zusätzlichen Kosten auf 37% belaufen durch:

  1. EUR 5,9 Mrd. an Zollkosten, wenn die Kategorie-spezifischen Importmengen über den vorgeschlagenen Kontingenten liegen (auf Basis der Gesamtquoten; ohne Differenzierung nach Ursprungsland);
  2. EUR 3,8 Mrd. an CBAM-Kosten für die Emissionen in den KN Code-spezifischen Importmengen (bei einem voll-ausgebauten CBAM und zu globalen Standardwerten und dem CO2 Preis in 2024).
Einstandskosten für importierte Stahl Erzeugnisse der EU erhöhen sich mit Stahlschutzmaßnahmen und CBAM

Diese Kombination kann die Einstandskosten der importierten Erzeugnisse deutlich erhöhen. Die Zollkontingente verteuern Importe drastisch, sobald Kontingente für das Quartal erschöpft sind. CBAM fügt einen variablen CO2-Kostenblock hinzu, der mit dem CO2-Fußabdruck der Erzeugnisse und dem EU-ETS-Preis steigt.

Die aktuelle Marktdynamik dürfte sich verschärfen: Einfuhren schnellen zum Quartalsanfang in die Höhe und verschieben sich im Laufe des Quartals zu Ländern und Erzeugnissen mit ungenutzten Quoten. Zusätzlich begünstigt CBAM Länder- und Werke, die emissionsärmer herstellen können.

Für Einkäufer bedeutet das wachsende Preisunterscheide je nach Produkt und Ursprungsland und höhere Volatilität zum Quartalsende. Weiterverarbeitende Branchen mit hoher Stahlintensität (z.B. Automotive, Maschinenbau, Bau) sehen sich mit steigenden Einkaufskosten und Margendruck konfrontiert.

Zur Vorbereitung können Importeure:

  1. Einstandskosten (mit dem CO2 IQ Kosten-Simulator) systematisch berechnen, um Szenarien-basierte Preis-Leitplanken für CBAM und Schutzmaßnahmen zu setzen;
  2. Dokumentation & Daten sichern: vor allem Melt-&-Pour-Nachweise und CBAM-Emissionsdaten;
  3. Einfuhr & Beschaffung optimieren: z.B. Sendungen früh im Quartal staffeln, Ursprungsländer diversifizieren, und Fallback-Lieferanten vorbereiten;
  4. Verträge anpassen, z.B. über Kontingents-/CBAM-Klauseln, Datenliefer- & Audit-rechte, Preisgleitregel;
  5. Controlling und Cash-Flow Planung ausrichten für die Beschaffung von CBAM-Zertifikaten und möglichen Zollzahlungen zum Quartalsende.

Die neuen Stahlschutzmaßnahmen und CBAM stellen eine Doppelbelastung für Importeure von Stahlerzeugnissen dar. Steigende Einstandskosten und zusätzliche Finanzbedarfe zum Quartalsende erfordern eine engere Verzahnung von Einkaufs-, Import- und Finanzplanung.


Quellen und weiterführende Informationen:


Foto von KamranAydinov auf Freepik

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