BlogNachhaltigkeit – ESG

Neue Reporting Standards für Nachhaltigkeit

Geschrieben von

Ulf Narloch

Veröffentlicht am

31. Juli 2023

Die EU führt einheitliche Standards zur Offenlegung von Nachhaltigkeitsaspekten ein. Diese umfassen die volle Bandbreite an Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen. Aspekte zum Klimaschutz sind hierin besonders stark ausgeprägt. Die neuen Standards werden nun schrittweise in Unternehmen eingeführt.

Einheitliche Nachhaltigkeits-Standards

Als Teil des grünen Deals verabschiedete die EU-Kommission die European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die ESRS bilden einen einheitlichen Reporting Rahmen für Environment, Social and Governance (ESG) Kriterien in der EU.

Die Standards sollen das Management von Nachhaltigkeits-Daten durch höhere Qualität und reduzierte Kosten effizienter machen. Heute nutzen Unternehmen verschiedene Standards, was Daten-Nutzbarkeit und Vergleichbarkeit einschränkt.

Der delegierte Rechtsakt für das ESRS wurde am 19. Oktober 2023 durch einen Einspruch im Parlament angefochten. Das EU-Parlament lehnet diesen jedoch ab, so dass der Rechtsakt im November in Kraft treten soll.

Der delegierte Akt für die ESRS detailliert die Berichts-Pflichten in der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) (EU Richtlinie 2022/2464). Die CSRD, die im Januar 2023 in Kraft getreten ist, verpflichtet Unternehmen zur Offenlegung von Nachhaltigkeits-Risiken und ihrer Wirkung.

Mit der CSRD geht eine Ausweitung der Pflichten aus der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) (EU Richtlinie 2014/95) einher. Die NFRD findet bereits für ca. 11.700 große Unternehmen im öffentlichen Interesse Anwendung.

Die ESRS wurden von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), entwickelt. Um Einheitlichkeit zu gewährleisten, berücksichtigen die ESRS auch globale Standards, wie u.a. vom International Sustainability Standards Board (ISSB) und der Global Reporting Initiative (GRI).

Abdeckung aller ESG-Themen

Die Standards zum Nachhaltigkeits-Reporting sind im Annex I zum delegierten Akt detailliert. Die ESRS gliedern sich in 2 übergreifende Standards und 10 thematische Standards (nach ESG-Kategorien) zur Offenlegung.

Übergreifende Standards

ESRS 1 beschreibt den Aufbau und grundlegende Konzepte der Standards sowie die allgemeinen Anforderungen für die Erstellung und Darstellung der Informationen.

ESRS 2 legt die Offenlegungs-Anforderungen für die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte fest:

  1. Governance Prozesse, Kontrollen und Verfahren zur Überwachung, Steuerung und Beaufsichtigung von Nachhaltigkeitsfragen (GOV-1 GOV-5)
  2. Nachhaltigkeits-bezogenen Elemente der Unternehmensstrategie, des Geschäftsmodells und der Wertschöpfungskette, relevante Stakeholder Interessen sowie die Bewertung der materiellen Auswirkungen, Risiken und Chancen (SBM-1– SBM-3)
  3. Verfahren zur Ermittlung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen sowie Informationen für die Nachhaltigkeitserklärung (IRO-1, IRO-2)
  4. Mindestanforderungen an die Offenlegung von Informationen zu Kennzahlen und Zielen, die in den thematischen Standards festgelegt sind

Klima Standards

ESRS E1 umfasst die Offenlegung von Aspekten zum Klimaschutz, Anpassung an Klimafolgen sowie Energie-Nutzung:

  1. Vergütung anhand von Emissionsreduktionszielen (GOV-3)
  2. Übergangsplan zum Klimaschutz (E1-1)
  3. Klima- und Transitions-Risiken sowie Auswirkungen, Risiken und Chancen daraus, inkl. Wechselwirkung mit Strategie und Geschäftsmodell (SBM-3)
  4. Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung wesentlicher klimabezogener Auswirkungen, Risiken und Chancen (IRO-1)
  5. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel (E1-2)
  6. Maßnahmen und Ressourcen im Zusammenhang mit Klimapolitik (E1-3)

Als Messgrößen und Ziele sind folgende Aspekte offenzulegen:

  1. Ziele zur Emissions-Reduktion, einschließlich Scope 1, Scope 2 und Scope 3 (E1-4)
  2. Energieverbrauch und Energiemix sowie Energieintensität (E1-5)
  3. Absolute Emissionen Scope 1, Scope 2 und Scope 3 sowie Emissionsintensität (E1-6)
  4. Über CO2 Gutschriften finanzierte Emissions-Entnahmen und Minderungen (E1-7)
  5. Interne CO2 Bepreisung (E1-8)
  6. Finanzielle Auswirkungen von physischen und Transitions-Risiken und klimabezogener Chancen (E1-9)

Weitere Umwelt Standards

ESRS E2 erstreckt sich über Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden sowie Herstellung, Verwendung und Vertrieb und Vermarktung besorgniserregender Stoffe (IRO1, E2-1- E2-6).

ESRS E3 deckt Wasser- und Meeresressourcen ab, einschließlich Oberflächen- und Grundwasser und deren Verbrauch und Nutzung (IRO-1, E3-1 – E3-5).

ESRS E4 beinhaltet Biodiversität und Ökosysteme. Darin wird die Beziehung des Unternehmens zu Lebensräumen, Ökosystemen und Populationen von Tieren und Pflanzen offengelegt (SBM-3, IRO-1, E4-1 – E4-6).

ESRS E5 umfasst Aspekte zur Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft, einschließlich Ressourcenzuflüsse, -abflüsse und Abfall (IRO-1, E5-1 – E5-6).

Soziale und Governance Standards

Im ESRS S1 wird die eigene Belegschaft erfasst. Hierunter fallen soziale Faktoren, wie Arbeitszeiten und Gehälter (SBM-2, SBM-3, S1-1 – S1-17).

ESRS S2 bezieht sich auf die Beschäftigten in der Wertschöpfungskette – über die Geschäftstätigkeit, den Produkten oder Dienstleistungen sowie den Geschäftsbeziehungen des Unternehmens (SBM-2, SBM-3, S2-1 – S2-5).

ESRS S3 deckt andere betroffene Gemeinschaften (SBM-2, SBM-3, S3-1 – S3-5) und ESRS S 4 Konsumenten und End-Nutzer ab (SBM-2, SBM-3, S4-1 – S4-5).

ESRS G1 beinhaltet Geschäftsgebaren von Geschäftsethik und Unternehmenskultur über Lieferantenmanagement bis zu Lobbytätigkeit (IRO-1, G1-1 – G1-6).

Schrittweise Anwendung mit begründeten Ausnahmen

Die ESRS greifen für Unternehmen mit Reporting-Pflichten nach der CSRD.

Bereits ab 2024 (für den Jahresbericht in 2025) müssen Unternehmen, die schon heute unter die NFRD fallen, die ESRS umsetzen. Ab 2025 folgen alle großen Nicht-NFRD Unternehmen. Gelistete KMUs werden ab 2026 erfasst, können jedoch in den ersten zwei Jahren eine Ausnahme beantragen.

Gemäß der Änderung der Rechnungslegungsrichtlinie, die die Größenkriterien für EU-Unternehmen festlegt, überschreiten große Unternehmen mindestens zwei von drei Kriterien: eine Bilanzsumme von 25 Mio. EUR, einen Gesamtnettoumsatz von 50 Mio. EUR und 250 Beschäftigte.

Insgesamt ist für die thematischen Aspekte in den ESRS eine schrittweise Einführung vorgesehen.

So sind zum Beispiel für Unternehmen mit weniger als 750 Beschäftigten im ersten Jahr Scope 3 Emissionen (E1) und Standards zur eigenen Belegschaft (S1) von der Offenlegung ausgenommen. Für Biodiversität (E4) und soziale Aspekte (S2-4) gilt eine mögliche Ausnahme sogar für 2 Jahre.

Finanzielle Auswirkungen der Umweltaspekte (E2 – E5) können anfangs auch ausschließlich qualitativ offengelegt werden. Erst ab 2027 greifen die vollen Standards für NFRD-Unternehmen und ab 2028 für alle anderen Unternehmen.

Insgesamt können Unternehmen von der Offenlegung eines thematischen Standards absehen, falls das Thema als nicht wesentlich bewertet wird. Dafür ist im ersten Schritt eine Wesentlichkeitsanalyse zu erstellen.

Ausweitung der Reporting-Pflichten

Die CSRD mit den ESRS bilden ein Puzzle-Stück in der Ausweitung und Verbesserung von ESG-Daten. Dabei müssen europäische Unternehmen auch verstärkt Nachhaltigkeitsaspekte in ihren Lieferketten offenlegen.   

Derzeit verhandelt die EU über die EU Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Diese soll Unternehmen nicht nur dazu verpflichten, Risiken zu identifizieren, sondern auch diese zu mindern.  Sobald diese Richtlinie verabschiedet ist, muss sie in nationales Recht umgesetzt werden.

Deutschland hat mit dem deutsche Lieferketten Sorgfalts-Gesetz (LkSG) bereits eine nationale Version der CSDDD. Dieses verpflichtet Unternehmen ab 3.000 (ab 2024 ab 1.000) Beschäftigten Risiken für Menschenrechte sowie Gesundheits- und Umweltgefahren, die auf diese einzahlen, in den Lieferketten zu identifizieren.

Die Anforderungen des LkSG an die Unternehmensgröße und die zu berücksichtigenden Risiken sind jedoch schwächer als die derzeit diskutierten Bestimmungen der CSDDD. Daher müsste das LkSG nach Verabschiedung der CSDDD entsprechend angepasst werden.

Zudem müssen Importeure CO2-intensiver Güter bereits ab Oktober 2023 Emissions-Daten berichten. Diese Berichtspflicht ist Teil des EU Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM). Der Grenzausgleich etabliert eine CO2 Abgabe auf Importe.

(Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert – Letzte Aktualisierung 27. Oktober 2023)


Quellen und weiterführende Informationen:


Foto von Gustavo Quepón auf Unsplash